„Wenn Ökonomie und Ökologie sich treffen: Klimaschutz im Unternehmen“

Serie Klimaschützer: Unternehmensvertreter Martin Eigenstetter im Gespräch

von Anne Kraft

Der Holzvergaser heizt mit Restholz aus der Werkstatt

Was haben ein Körperscanner, eine Relax-Liege, eine Schiffskabine und ein Propeller gemeinsam? Sie alle stammen aus dem Computer der Tischlerei Eigenstetter, wurden hier konstruiert und aus Holz gefertigt. Das Familienunternehmen aus Rehna verbindet moderne Technologien (3D-Druck, Laser Schneiden, CNC Druck, roboterbasierte CNC-Fertigung im Fräszentrum) mit traditioneller Handwerkskunst und tradiertem Wissen. So werden neben traditionellen Arbeiten, wie denkmalgerechtem Nachbau von Holztreppen, Fenster und Türen, auch Null-Serien, wie z.B. der Kabinenausbau für die MV Werften, realisiert. Darum hat die Firma mit derzeit 8 Lehrlingen von 26 Mitarbeitern auch kein Nachwuchsproblem.

Innovativ ist die Tischlerei nicht nur in den Bereichen Digitalisierung, Fertigung und Kooperation mit der Wissenschaft. Auch das Thema Klimaschutz bewegt das Handwerksunternehmen. „Der Klimawandel ist ja eine sehr abstrakte Bedrohung und auch die wissenschaftlichen Rechenmodelle bilden die potenzielle Zerstörung nur indirekt ab. Fest steht aber: Je weniger Erwärmung des Klimas, desto besser, “ sagt der studierte Maschinenbauingenieur Martin Eigenstetter. Er brachte nicht nur die Initiative für den Roboter ein, sondern trieb auch den Einsatz von Erneuerbare Energien voran.

„Wir haben einen relativ hohen Energieverbrauch für so eine kleine Firma,“ gibt er zu bedenken. Warum nicht Energie selbst produzieren? Die Wärmeversorgung von Werkstatt und Büro funktioniert seit 20 Jahren über einen 150kW-Holzvergaser. Geheizt wird mit Restholz, allerdings „Je effizienter gearbeitet wird und weniger Abfallholz produziert wird, desto schwieriger wird die Wärmeversorgung.“ Darum wird zusätzlich mit Scheitholz aus der Region geheizt, welches sich vor der Werkstatt türmt. „Wir würden gerne das Dach dämmen, aber weil Holz so billig ist lohnt sich das derzeit nur aus ökologsicher Sicht.“ Seit einem Jahr produziert die Tischlerei über eine 30kWp (Kilowatt-Peak) Photovoltaik-Anlage (PV) auch eigenen Strom. Das verschafft dem Unternehmen zum einen Autarkie. Zum anderen eine bessere wirtschaftliche Kalkulierbarkeit durch die Abkopplung des Energiemarkts.

Eco-Label Tischlerei Eigenstetter. Der Balken „Energieeinsparung“ fällt hier weg, da es sich um eine Substitution von Energieträgern handelt. (c) Trigenius

Damit ist es unabhängig von politischen Entwicklungen wie möglichen Strompreiserhöhungen. Zusätzlich entlastet die Tischlerei das Stromnetz der Kommune bzw. speist den überschüssigen Strom ein. „Es gibt ja immer Ungleichzeitigkeiten“ am Wochenende, während der Mittagspause und an sonnigen Tagen, wenn nur ein paar Handmaschinen laufen. Auch hier war der regionale Aspekt wichtig „Das sind alles in Wismar hergestellte Solar-Paneele,“ die von einem lokalen Handwerkerkollegen installiert worden sind. „Lokale Produktion und Installation ermächtig auch die Region,“ sagt Eigenstetter. Technologisch war die Realisierung unproblematisch, aber „Man versteht nicht warum es so lange dauert.“ Eigenstetter ärgert sich über die hohen bürokratischen Anforderungen. Trotzdem ist eine zweite PV-Anlage geplant. Sein Rat lautet: „Unternehmer sollten sich auf jeden Fall Zeit nehmen sich Gedanken zu machen,“ denn jeder sei heute damit konfrontiert, dass das Dringende das Wichtige ablöst.  Erneuerbare Energien und Klimaschutz sind „eine wichtige Sache, die auch ökonomisch Sinn machen kann.“

Die Photovoltaik-Anlage verbindet Ökologie und Ökonomie

Im Gegensatz dazu sieht Eigenstetter beim Thema Mobilität für Handwerksunternehmen derzeit keine ökologischen Alternativen zum Diesel. Den Meisten sei gefühlsmäßig noch nicht klar, wie viel Energie individuelle Mobilität verbraucht. „Weil es mit fossilen Brennstoffen so eine unglaublich praktische Lösung gibt,“ bekomme man beim Tanken kaum mit. Vor allem, dass „das wirklich fünf große Wassereimer sind, die ich mir da innerhalb kurzer Zeit in den Tank kippe.“ In Energieäquivalenten bedeutet das z.B. es braucht 5 Stunden volle Sonne (20kWp PV-Anlage) für einmal Tanken (bspw. beim Tesla Modell S mit 100kWh Batterie).

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