„Der direkte Vergleich zeigt: Wir haben enorme Stromeinsparungen“

Serie Klimaschützer: Bürgermeister Hans Jochen Oldenburg und Bauamtsleiter Dirk Groth im Gespräch

von Anne Kraft

Bürgermeister Hans Jochen Oldenburg im Amt Rehna

„Stetig, aber weitgehend unbemerkt vollzieht sich derzeit an Deutschlands Straßen ein folgenreicher Wandel,“ schreibt die WELT 2015. Im Amtsbereich Rehna hat dieser Wandel auch die Ortsteile, Gebäude und Privathaushalte ergriffen. Gemeint ist die Umstellung von Leuchten auf Licht emittierende Dioden (LED). In die Zuständigkeit der kommunalen Daseinsvorsorge und damit des Amtes fallen dabei die Straßenbeleuchtung und die kommunalen Liegenschaften, z.B. das Amtsgebäude, Schulen und Kitas.

Die Straßenbeleuchtung in Rehna und den Ortsteilen Brützkow und Othenstorf ist mittlerweile fast komplett auf LED umgerüstet. Die 85 Leuchten in der Gemeinde Carlow sollen im nächsten Frühjahr folgen. In den Ortsteilen Törber und Löwitz wird die Umrüstung im Bauausschuss derzeit diskutiert. „Jedes Jahr eine gute Tat,“ sagt Bauamtsleiter Dirk Groth. Er ist für die Beschaffung der neuen Leuchtmittel bei den Herstellern zuständig und von der Technik überzeugt, „Die Lebensdauer ist erheblich länger und bisher war der Ausfall fast null. Wir hatten nur einen Überspannungsschaden durch Gewitter, aber das kann passieren.“

Bisher wurde im Amtsbereich circa 60% der gesamten Straßenbeleuchtung gegen LEDs ausgetauscht, das sind rund 500 Leuchten. „Die Stromeinsparungen sind enorm. Wir haben bis 70% Einsparungen, obwohl das alte Netz gelassen wird,“ ist Herr Groth positiv überrascht. Ausgetauscht werden die Steigleitungen im Mast, der Übergangskasten, die Belegungsleiste und die Lampe. „Das dauert pro Leuchte vielleicht 30 Minuten.“ Das Amt Rehna unterstützt die Kommunen mit Informationen über Fördermöglichkeiten, zeigt Referenzen und übernimmt den Austausch. „Das Amt muss es anstoßen, denn es hat die meisten Informationen  dazu, aber die Gemeinde muss es beschließen,“ erläutert Hans Jochen Oldenburg, Bürgermeister der Stadt Rehna.

Eco-Label (Die kalkulierte Einsparung ergibt sich aus 60% Umrüstungsquote und 70% Einsparung im umgerüsteten Bereich macht 42% Einsparung.) (c) Trigenius

Mit dem Austausch ist es aber nicht getan. Auch die Steuerung der LEDs ist verantwortlich für den Stromverbrauch und hat damit Einfluss auf die Effizienz der Klimaschutzmaßnahme. „In einigen Fällen war die Einsparung nur 40%. Da habe ich gesagt, das passt doch nicht!“, wundert sich der Bauamtsleiter. Der Grund war einfach: wo früher die Straßenbeleuchtung ab 22Uhr ausgeschaltet wurde, lief sie jetzt nachts durch. „Das passt dann von der Einsparung nicht mehr.“

Dabei gibt es vielfältige Möglichkeiten der Steuerung:

  1. die erwähnte Nachtabschaltung,
  2. das Ausschalten jeder zweiten Lampe,
  3. Dimmung der LED-Leuchten auf  50%, oder
  4. On-demand Lampen, welche sensor-gesteuert für Autos und Fußgänger angehen, aber störanfälliger sind.

Schulbushaltestelle mit moderner Solarbeleuchtung an der Bundestraße

Dank einer Kombination aus Solarpanel, Batterie und Zeitsteuerung hat auch die Schulbushaltestelle an der Bundestraße in der Nähe von Nesow endlich Licht. „Die Eltern hatten sich wegen fehlender Beleuchtung beschwert – mit Recht!“, sagt Herr Oldenburg. „Das Amt wollte etwas für Sicherheit der Kinder tun,“ ergänzt Herr Groth. Auch hier wurden die Optionen abgewogen. Statt der teuren Verlegung eines Stromzugangs entschied man sich mit einer Investition von ca. 3000€ für die autarke Lösung, programmiert nach dem Busfahrplan.

Wie geht es weiter? Zunächst soll das Amtsgebäude mithilfe von Förderprogrammen auf LED umgestellt werden und damit Experimentierfeld und Vorbild sein. „Das wurde vor ein paar Jahren schon angesprochen und dann wieder aus den Augen verloren. Jetzt soll die gesamte Innenbeleuchtung ausgetauscht werden,“ sagt Herr Groth motiviert. In Rehna sollen die Ganztagsschule und die Kita folgen und auch in Schlagsdorf gibt es in der Kita, sowie der Regional- und Hauptschule noch Potential.

Autarkte Stromerzeugung

„Eigenen Strom produzieren und andere unterstützen“

Serie Klimaschützer: Familie Neumann aus Rehna im Gespräch

von Anne Kraft

Das 1999 von Familie Neumann erbaute Haus liegt malerisch zwischen dem Kuhmoor und den Feuchtwiesen im Radegasttal. Von Anfang an hatte Herr Neumann den Wunsch, energieautark zu leben. Mit Photovoltaik (PV) für Strom, Geothermie oder Holzhackschnitzeln für Wärme kein Problem, oder? Allerdings war in den 90ern die Technik im Bereich PV und Heizungsanlagen noch nicht so weit fortgeschritten wie heute. So fing Familie Neumann klein an und vertraute auf die technischen Entwicklungen.

Zunächst wurde ein Lehmofen im Wohn- und Esszimmer gebaut. „Mein Mann hat davon geträumt, sich abends auf den warmen Ofen zu legen,“ verrät Frau Neumann. „Wenn der Ofen nicht ganz heiß ist, kann man sich zwar nicht drauflegen, aber immerhin anlehnen. Als unsere Kinder klein waren, haben sie dann oben auf dem Ofen gesessen.“ Der Ofen verbreitet wohlige Gemütlichkeit und heizt auch gleich noch den Flur mit. Im Gegensatz zu Metallöfen, die mehr der Optik dienen, strahlt der Ofen die Wärme lange ab. Das Holz aus dem eigenen Garten reicht dank der rasant wachsenden Weiden für den ganzen Winter.

Die Photovoltaik-Anlage produziert seit Jahren eigenen Strom – und seit der Reinigung 2017 noch mehr

Über einen kleinen Artikel wurde die Familie auf den aus einer Bürgerinitiative im Schwarzwald hervorgegangenen Energieanbieter Elektrizitätswerke Schönau (EWS) aufmerksam. „Wir sind gleich begeistert gewesen und fanden das unterstützenswert“, sagt Frau Neumann. Die Bürgerinitiative „Eltern für eine atomfreie Zukunft“ hatte sich 1986  als Reaktion auf das Reaktorunglück in Tschernobyl gegründet. Ziel war von Atomstrom und Kohle weg- und hin zu weniger, aber dafür ökologischem Strom zu kommen. Kabarett, Stromsparwettbewerbe, Energiespartipps und andere ungewöhnliche Aktionen der „Stromrebellen“ sorgten für Aufsehen und führten 1994 zur Gründung von EWS – bis heute Symbol der Anti-Atomkraft-Bewegung. Die energiesparfördernden Tarife und Unterstützungen für ökologische Stromerzeugung waren für Familie Neumann attraktiv.

Heute prangt auf dem Dach der Familie eine moderne PV-Anlage mit einer Leistung von ca. 12kW. Für die Investition von 25.000€ nahmen sie 2011 einen Kredit auf, „den wir laut dem Gerät, welches den erzeugten Strom anzeigt, schon zurückgezahlt haben.“ Für jedes eingespeiste Watt bekommt die Familie vom Netzbetreiber WEMAG eine Vergütung, aber „man verkauft ja nicht allen Strom“. Durch die eigene Nutzung des Stroms sinken bei ihnen darüber hinaus die Stromkosten. Weil es bisher keine lohnenswerten Speicher gibt, bezieht die Familie bis heute ihren Strom bei der EWS. „Die Preise waren jahrelang günstig und nur wegen ein paar Cent wechseln wir nicht“, erklärt Frau Neumann. Zudem bekommt die Familie bis heute durch EWS einen jährlichen Bonus von 500€, weil „wir zu Beginn ein bisschen geackert haben“, freut sich Frau Neumann. „Den bekam man, wenn man eine eigene PV-Anlage installiert und pro kW einen Haushalt akquiriert, der zu EWS wechselt.“

Die PV-Anlage in der Abendsonne

Kleine Umstellungen wie der systematische Ersatz der Glühbirnen durch LEDs im ganzen Haus machen sich ebenfalls bemerkbar. Frau Neumann ist überrascht von den Einsparungen: „Wir haben ja drei Kinder, das sind richtige Nachtschwärmer und ständig werden irgendwelche Geräte geladen und das Licht ist an – trotzdem haben wir im letzten Jahr 80€ Stromkosten erstattet bekommen.“

Wie geht es weiter? Die fünftköpfige Familie pendelt zur Schule nach Schwerin und zum Arbeiten täglich nach Lübeck. Da es für die Autofahrten der Eltern aufgrund der fehlenden Zugverbindung nach Lübeck keine Alternative gibt, teilt sich das Ehepaar durch Koordination der Fahrten ein Auto.  „Die Elektroautos, die wir richtig gut finden, kann man noch nicht bezahlen,“ bedauert Frau Neumann. Ihr Mann hat einen Traum, „irgendwann haben wir so ein Auto.“ Sie ist optimistisch. „Das ist wie mit PV-Anlagen,  die gab es als wir das Haus gebaut haben auch noch nicht, so dass wir gesagt haben, so jetzt schlagen wir zu. Aber die Technik geht ja doch immer voran.“

„Im Grünen lässt sich Klimaschutz gut mit Lebensqualität vereinbaren“

Serie Klimaschützer: Dorfbewohner Volker Lüders aus Törber im Gespräch

von Anne Kraft

Was machen zwei Stadtmenschen in einem 25-Seelen Dorf ohne Bahnhof, Supermarkt und Arzt? Volker Lüders und seine Frau kommen aus Schwerin und wohnten über zehn Jahre in einer hübschen Stadtwohnung in Rehna. Als die Kinder aus dem Haus waren, reichte es ihnen. „Man hat kurze Wege zum Einkaufen, Kindergarten, Arzt und alles,“ aber „tritt man aus dem Haus ist vorne die Bundesstraße und nicht ein Quadratmeter eigenes Grün,“ begründet Herr Lüders ihre Entscheidung.

Volker Lüders vor dem gemeinsamen Holzhaus in Törber

So bauten sie im mittlerweile zu Rehna eingemeindeten Dorf Törber das 11. Haus im Dorf. In und mit der Natur leben und sich dafür verantwortlich fühlen, lautet ihre Devise. So war die Entscheidung für ein Niedrigenergiehaus und den nachwachsenden Baustoff Holz von Anfang an klar. „Das Schöne an Holz ist auch die Lebensqualität. In einem Holzhaus haben Sie keinen Schimmel,“ erläutert Herr Lüders die Entscheidung. Auch bei der Dämmung spielte Nachhaltigkeit eine Rolle. „Dämmwolle hat zwar gute Dämmwerte, aber bei der Umweltverträglichkeit gibt es Fragezeichen.“ So wurde die Alternative Isofloc gewählt. Dem Ehepaar war es wichtig, dass sie durch den Architekten intensiv in die Entscheidungsprozesse während des Hausbaus einbezogen werden und sich zwischen mehreren Alternativen entscheiden konnten. Photovoltaik war dabei zwar eine Option aber dann nicht praktikabel. „Zuerst wollten wir auch Solarstrom, aber die Ausrichtung des Hauses hat nicht gepasst.“

Eco-Label (Zugrundeliegende Randbedingungen: typischer Neubaustandard, Nutzfläche von 100 m²) (c) Trigenius

Im Wärmebereich gab es dafür passende Optionen. „Wir haben uns bewusst für Erdwärme entschieden,“ sagt Herr Lüders und führt aus, „ Es war für uns sehr verblüffend, wie man mit einem klimafreundlichen Heizungssystem nicht nur Platz, sondern auch viel Geld sparen kann. Das war uns im Vorhinein nicht so bewusst und auch nicht so wichtig.“ Die Heizschlangen liegen alle unterirdisch und man braucht im Gegensatz zu einer Öl- oder Gasheizung keinen Tank, sondern nur die kleine „Tonne“  neben dem Car-Port – man übersieht sie fast. Die 100m² Wohnfläche werden über eine Fußbodenheizung beheizt, die über den Abstand der Heizschlangen die Temperatur der Räume entsprechend der Nutzungsform regelt. Ihre Heizkosten liegen im Vergleich zur ähnlich großen Stadtwohnung bei 25% – eine Ersparnis von 75% Heizbedarf.  Der Kamin passt zwar nicht ins Heizungskonzept, meint Herr Lüders, aber da sie über Freunde mit Holz versorgt werden, gönnt ihn sich das Ehepaar als kleinen Luxus und Wohlfühlecke in Herbst und Winter.

Ein modernes Holzhaus in ländlicher Idylle – dank unterirdischer Heizungstechnik

Mit dem Umzug ins Dorf gewann auch das Thema Mobilität für die beiden Lehrer an Bedeutung. Für die Fahrt zur Schule für körperbehinderte Kinder und Jugendliche in Schwerin nutzen beide das Auto. Neben dem Unterricht sind Herr und Frau Lüders in verschiedenen Vereinen aktiv und betreuen das außerschulische Angebot. „Ich betreue das Training für die Rollstuhlbasketballer und Tischtennisspieler am Nachmittag und Abend, da kann meine Frau nicht jedes Mal auf mich warten,“ seufzt Herr Lüders. Da Bus und Bahn von Angebot und Preis nicht attraktiv sind, fahren sie an manchen Tagen so mit zwei Autos nach Schwerin und zurück.

Mit dem Umzug kam ein weiterer Aha-Effekt beim Thema Mülltrennung. Während sie in Rehna den Bio-Müll gemeinsam mit dem Abfall entsorgten, wird er heute kompostiert. „Ich hatte die Einsicht aber es wäre viel zu aufwändig gewesen,“ schaut Herr Lüders zurück. Dann der Umzug „und dann kam raus: 80% vom Müll ist Bio-Müll, das ist Irrsinn! Wir haben, seitdem wir den Biomüll auch noch trennen, kaum noch Hausmüll.“ Das neue Hobby Garten tut so der Umwelt aber auch Ehepaar Lüders gut.

„Wenn Ökonomie und Ökologie sich treffen: Klimaschutz im Unternehmen“

Serie Klimaschützer: Unternehmensvertreter Martin Eigenstetter im Gespräch

von Anne Kraft

Der Holzvergaser heizt mit Restholz aus der Werkstatt

Was haben ein Körperscanner, eine Relax-Liege, eine Schiffskabine und ein Propeller gemeinsam? Sie alle stammen aus dem Computer der Tischlerei Eigenstetter, wurden hier konstruiert und aus Holz gefertigt. Das Familienunternehmen aus Rehna verbindet moderne Technologien (3D-Druck, Laser Schneiden, CNC Druck, roboterbasierte CNC-Fertigung im Fräszentrum) mit traditioneller Handwerkskunst und tradiertem Wissen. So werden neben traditionellen Arbeiten, wie denkmalgerechtem Nachbau von Holztreppen, Fenster und Türen, auch Null-Serien, wie z.B. der Kabinenausbau für die MV Werften, realisiert. Darum hat die Firma mit derzeit 8 Lehrlingen von 26 Mitarbeitern auch kein Nachwuchsproblem.

Innovativ ist die Tischlerei nicht nur in den Bereichen Digitalisierung, Fertigung und Kooperation mit der Wissenschaft. Auch das Thema Klimaschutz bewegt das Handwerksunternehmen. „Der Klimawandel ist ja eine sehr abstrakte Bedrohung und auch die wissenschaftlichen Rechenmodelle bilden die potenzielle Zerstörung nur indirekt ab. Fest steht aber: Je weniger Erwärmung des Klimas, desto besser, “ sagt der studierte Maschinenbauingenieur Martin Eigenstetter. Er brachte nicht nur die Initiative für den Roboter ein, sondern trieb auch den Einsatz von Erneuerbare Energien voran.

„Wir haben einen relativ hohen Energieverbrauch für so eine kleine Firma,“ gibt er zu bedenken. Warum nicht Energie selbst produzieren? Die Wärmeversorgung von Werkstatt und Büro funktioniert seit 20 Jahren über einen 150kW-Holzvergaser. Geheizt wird mit Restholz, allerdings „Je effizienter gearbeitet wird und weniger Abfallholz produziert wird, desto schwieriger wird die Wärmeversorgung.“ Darum wird zusätzlich mit Scheitholz aus der Region geheizt, welches sich vor der Werkstatt türmt. „Wir würden gerne das Dach dämmen, aber weil Holz so billig ist lohnt sich das derzeit nur aus ökologsicher Sicht.“ Seit einem Jahr produziert die Tischlerei über eine 30kWp (Kilowatt-Peak) Photovoltaik-Anlage (PV) auch eigenen Strom. Das verschafft dem Unternehmen zum einen Autarkie. Zum anderen eine bessere wirtschaftliche Kalkulierbarkeit durch die Abkopplung des Energiemarkts.

Eco-Label Tischlerei Eigenstetter. Der Balken „Energieeinsparung“ fällt hier weg, da es sich um eine Substitution von Energieträgern handelt. (c) Trigenius

Damit ist es unabhängig von politischen Entwicklungen wie möglichen Strompreiserhöhungen. Zusätzlich entlastet die Tischlerei das Stromnetz der Kommune bzw. speist den überschüssigen Strom ein. „Es gibt ja immer Ungleichzeitigkeiten“ am Wochenende, während der Mittagspause und an sonnigen Tagen, wenn nur ein paar Handmaschinen laufen. Auch hier war der regionale Aspekt wichtig „Das sind alles in Wismar hergestellte Solar-Paneele,“ die von einem lokalen Handwerkerkollegen installiert worden sind. „Lokale Produktion und Installation ermächtig auch die Region,“ sagt Eigenstetter. Technologisch war die Realisierung unproblematisch, aber „Man versteht nicht warum es so lange dauert.“ Eigenstetter ärgert sich über die hohen bürokratischen Anforderungen. Trotzdem ist eine zweite PV-Anlage geplant. Sein Rat lautet: „Unternehmer sollten sich auf jeden Fall Zeit nehmen sich Gedanken zu machen,“ denn jeder sei heute damit konfrontiert, dass das Dringende das Wichtige ablöst.  Erneuerbare Energien und Klimaschutz sind „eine wichtige Sache, die auch ökonomisch Sinn machen kann.“

Die Photovoltaik-Anlage verbindet Ökologie und Ökonomie

Im Gegensatz dazu sieht Eigenstetter beim Thema Mobilität für Handwerksunternehmen derzeit keine ökologischen Alternativen zum Diesel. Den Meisten sei gefühlsmäßig noch nicht klar, wie viel Energie individuelle Mobilität verbraucht. „Weil es mit fossilen Brennstoffen so eine unglaublich praktische Lösung gibt,“ bekomme man beim Tanken kaum mit. Vor allem, dass „das wirklich fünf große Wassereimer sind, die ich mir da innerhalb kurzer Zeit in den Tank kippe.“ In Energieäquivalenten bedeutet das z.B. es braucht 5 Stunden volle Sonne (20kWp PV-Anlage) für einmal Tanken (bspw. beim Tesla Modell S mit 100kWh Batterie).

Klimaschutz wird konkret! Wir legen Maßnahmen fest.

 Einladung zu den Maßnahmenworkshops als PDF HIER abrufbar

Donnerstag, 17.10.2019 19:00 Uhr im Amt Rehna , Freiheitsplatz 1
Workshop 1: Klimaneutrale Siedlungsentwicklung
„Wie wollen wir zukünftig wohnen und leben?“

Workshop 2: Lokale Lern- und Bildungsangebote
„Wissen vermitteln, Fähigkeiten aufbauen“

Dienstag, 29.10.2019 19:00 Uhr im Amt Rehna , Freiheitsplatz 1

Workshop 3: Klimaschutz in Betrieben und Unternehmen
„Innovativ und klimafreundlich in die Zukunft“

Workshop 4: Klimaschutz Zuhause
„Jeder Beitrag zählt!“

Wir freuen uns auf Ihr Kommen!

+++ HINWEIS ZUR ANWOHNERBEFRAGUNG: Teilnahmetermin verlängert bis  13.10.2019 +++

„Ein Bullerbü des Klimaschutz“

Serie Klimaschützer: Heike Lorenz im Gespräch

von Anne Kraft

Ein rotes Holzhaus, umgeben von einem blühenden Gemüsegarten, der Stromzähler im Vorgarten. Und doch sind wir nicht in Schweden, sondern im Dorf Nesow. Der kleine Ort liegt rund einen Kilometer von der Hauptstraße entfernt und südlich von Rehna.

Das Häuschen gehört Heike Lorenz. Bereits einige Jahre zuvor baute sie im Ort ein Haus, wohnte zwischendurch wieder zur Miete aber „wenn man einmal Wohneigentum hat, ist Miete schwer.“ Wegen der hohen Nebenkosten in alten Häusern entschied sie sich für einen Neubau. Mit dem Naturstoff Holz zu bauen war für die gebürtige Voigtländerin dabei selbstverständlich, denn die Wohnatmosphäre und „Wärme eines Holzhauses kann ein Steinhaus nie bieten.“ Ein Niedrigenergiehaus sollte es sein – „aber kein Passivaus, denn ich habe gerne Türen und Fenster offen und eine Lüftungsanlage wollte ich nicht.“

Heike Lorentz aus Dorf Nesow über Holz und Wärmepumpe

Auch wenn es im Winter nicht so kalt wird wie in Schweden, eine gute Dämmung braucht es schon. „Beim Hausbau habe ich viele liebe Menschen kennen gelernt,“ sagt Frau Lorenz und beschreibt den rührenden Moment, als ein Bekannter ihr für die Dämmung mit Thermofloc, einem feinen Staub aus Altpapier, nur die Materialkosten berechnete – 2.500€ für das ganze Haus.  Und auch in den letzten Hitzesommern hat sich das Dämmkonzept bewährt: „Wenn es nicht gerade tagelang draußen heiß ist, bleibt es hier drinnen mit konstant 20°C schön kühl.“

Öl und Gas waren für Frau Lorenz bei der Heizung keine Optionen. „Ich bin davon überzeugt man muss im Einklang mit der Natur leben und so wenig Schaden wie möglich verursachen.“ Darum versorgt nun eine Luftwärmepumpe die 72m² der unteren Etage im Winter über eine Fußbodenheizung mit Wärme. Der Kessel steht im kleinen Wirtschaftsraum und das Aggregat im Garten. Unter Bäumen steht daneben ihre eigene Kläranlage – „die ist voll biologisch.“ Nesow ist an kein Wasserwerk angeschlossen und die Kläranlage spart langfristig Geld, denn die Kosten für Frischwasser sind mit 4€/ Monat gering.

Niedrigenergiehaus dank Dämmung und Luftwärmepumpe

Den Kamin nutzt Frau Lorenz nur, wenn es sehr kalt ist, „sonst rattert die Heizung die ganze Zeit durch.“ Die 30m² im ersten Stock werden über einen elektrischen Heizkörper versorgt, denn sie waren ursprünglich gar nicht eingeplant. „Aufgrund einer Vorgabe der Gemeinde musste ich eine Dachneigung von 30° einhalten und gedacht `Huch, noch ein Raum`. Jetzt habe ich ein schönes großes Arbeitszimmer.“

Derzeit liegen die Stromkosten im Monat bei 100€. Darum überlegt Frau Lorenz eine Photovoltaikanlage auf dem Dach zu installieren. „Ich will mich von der Verbraucherzentrale noch beraten lassen, wie man das finanzieren kann.“ Auch einen eigenen Energiespeicher kann sie sich dazu vorstellen, „aber ich muss schauen wie groß das ist, ich habe nicht so viel Platz.“  – Darum steht auch der Stromzähler im Vorgarten.

Im Bereich Mobilität hat Frau Lorenz dagegen wenig Spielraum. „Den Weg zur Arbeit fahre ich leider mit dem Auto, weil es nichts gibt, was von hier direkt nach Lübeck fährt.“ Ab und an mal Home-Office wäre eine Möglichkeit – für die Teamleiterin, allerdings keine Dauerlösung. Auch beim eigenen Konsum ist sie sich der Gradwanderung bewusst. Viele Lebensmittel und auch Bio-Produkte sind in Plastik verpackt. „Wenn ich was in Plastik kaufen muss, dann hebe ich das auf und benutze es so lange bis es nicht mehr geht.“ Trotzdem der trockene Sommer den Maronenbäumen in ihren Garten zu schaffen macht, so lässt er doch schmackhafte Tomaten am Haus gedeihen   – ganz ohne Plastik.

Eco-Label (Einschränkung: Haus hat normalen Neubauzustand, kein Vergleich mit Altbau möglich da eine Sanierung. Vergleich Anlagentechnik (Luftwärmepumpe mit Netzstrom) mit Standard im Neubau (Gastherme mit etwas Solarthermie fürs Warmwasser). Durch Gas Einsparung von Endenergie als Ersatz von Netzstrom, daher geringe CO2-Einsparungen und keine Energiekosteneinsparung. Dies kann ökologisch und finanziell mit einer eigenen PV-Anlage verbessert werden. Der ökologisch orientierte Lebensstil ist mit gegebener Systematik nicht quantifizierbar. Eine Alternativ-Methode ist der CO2-Fußabdruck, welcher aber auch begrenzt aussagekräftig ist. (c) Trigenius

Kerngruppensitzung vom 24.09.2019

Am 24.09.2019 trafen sich ie Mitgleider der Kerngruppe im Amt Rehna zur Auswertung der Bürgerversammlung und Vorbereitung der Maßnahmenworkshops. Außerdem wurden durch Trigenius die Ergebnisse der Haushltsbefragung präsentiert. Das Protokoll der Veranstaltung finden Sie HIER. Die Präsentation kann HIER herunter geladen werden.

Zu den geplanten Maßnahmen-Workshops möchten wir u.a. mittels kleiner A4-Plakate einladen. Wenn Sie Vorschläge haben, an welchen Orten diese ausgehängt werden könnten, bitten wir um kurze Rückmeldung an Benjamin Materne (Trigenius) b.materne@trigenius-gmbh.de

Bitte merken Sie sich auch die für den 17.10. und 29.10.2019 jeweils um 9:00 Uhr geplanten Workshops vor.

Haushaltsbefragung

Wir bitten Sie, die nachfolgenden Fragen bis zum 18.09.2019 zu beantworten, zurückzusenden und uns so bei der Erarbeitung des Klimaschutzkonzepts zu unterstützen.

Sollten Sie dabei Unterstützung benötigen, können Sie sich gerne an die Mitarbeiter der von uns beauftragten Trigenius GmbH Benjamin Materne (b.materne@trigenius-gmbh.de) oder an die unten freiwilligen Unterstützer*innen in Rehna wenden.

Ansprechpartner

Abgabe PRINT

Bitte geben Sie Ihren ausgefüllten Fragebogen bis zum 18.09.2019 zurück.
Bitte nutzen Sie dafür eine der folgenden Abgabemöglichkeiten:

Postalisch, per Fax oder per E-Mail:
TRIGENIUS GmbH,
Lübsche Str. 10, 23966 Wismar, Fax: 03841 / 22731 12, E-Mail: b.materne@trigenius-gmbh.de

Persönlich / Briefkasteneinwurf:
Amt Rehna – Bauamt,
Freiheitsplatz 1, 19217 Rehna (Di / Do / Fr 9-12 Uhr, Di 13-18 Uhr)

„Es funktioniert – Das ist die Botschaft“

Serie Klimaschützer: Dirk Groth im Gespräch

von Anne Kraft

Wir treffen den Bauamtsleiter Dirk Groth im Amtsgebäude in Rehna in seinem Büro. Auf dem Tisch liegen ausgebreitet Fotos von seinem Haus. Heute soll es nicht um die technische Erneuerung der Gemeinde gehen, sondern um Klimaschutzaktivitäten im Kleinen – als Inspiration für Interessierte und zum Nachmachen.

Bauamtsleiter Dirk Groth über Geothermie und Solar

Den ehemaligen Ingenieur für Geothermie hat die Technik, die Wärme aus der Erde für Heizung und Warmwasser verfügbar macht, schon immer fasziniert. Der Umzug vom Dorf an den Stadtrand Lübecks gab den Ausschlag. Im Neubau ließen sich 2013 neue technische Anlagen einfacher verwirklichen, als das alte Wohnhaus komplett umzurüsten. Bedenken hatte er dabei keine, denn „das ist kein Hexenwerk, man kann ja alles durchrechnen.“ Zwar brauchte es zu Beginn auch einiges an Investitionen, jedoch – so ist Herr Groth noch heute überrascht -, rentierten diese sich schneller als gedacht: „Bei Werbeprospekten ist man ja doch immer skeptisch aber ich habe die Zahlen stehen“ sagt er stolz.

Photovoltaik-Anlage auf dem Carport

Statt nur Energie zu verbrauchen, produziert und verbraucht Herr Groth heute seinen eigenen Strom. Die 6 kW-Photovoltaik-Anlage auf dem Car-Port produziert Strom und versorgt damit die Wärmepumpe, welche Wärme für die Heizung aus 83 m Tiefe pumpt – „das funktioniert wie ein Kühlschrank nur umgedreht.“ Der passive Wärmeschutz durch 3-fach-Verglasung und Dämmung hält das Haus im Winter schön warm – auch bei einer Vorlauftemperatur von nur 40°C in den oberen Heizkörpern. Durch effiziente LED-Beleuchtung und einen neuen Kühlschrank sparen er und seine Frau zusätzlich Energie. Den überschüssigen Strom leitet er ins Netz. Der intelligente Stromzähler managed den Stromverbrauch und die Einspeisung, während Herr Groth aus Eigeninteresse den Verbrauch mit den Vorjahresmonaten vergleicht.

Im Jahr bekommt er ca. 500€ für den eingespeisten Strom und zahlte 2018 so monatlich bei einer Grundfläche von 200m² effektiv nur 62,20€ „für alles vom Fernsehgucken bis zum Duschen.“ Weitere Pläne hat er schon, so sollen ein Elektroauto und ein Energiespeicher folgen. „Für den eingespeisten Strom bekommt man ja immer weniger, da macht es mehr Sinn, den selbst zu speichern und zu verbrauchen.“ Damit wird das Haus auch ein Stückchen weiter autark, und wenn es mal ganz kalt wird gibt es noch einen kleinen Kamin, „wenn man ehrlich ist, braucht man den aber nicht“.

Eco-Label Haus Dirk Groth (c) Trigenius

Handwerker- und Wartungskosten fallen mittlerweile fast weg. Dafür bekommt Herr Groth um so mehr Besuch von interessierten Nachbarn und Bekannten. Auch wenn es eigentlich nicht viel zu sehen gibt, überzeugt hat es einige dann doch: „Mensch dann geben wir eben an der Stelle mehr aus aber am Ende ist es für alle gut.“ Auch wenn der Klimaschutz nur ein Argument unter vielen ist und klar ist „Umweltschutz kostet,“ so sorgen die Investitionen von heute für berechenbar niedrige Energiekosten in der Zukunft und in Vorausschau auf das Rentenalter. „Es ist beim Neubau kein baulicher Aufwand und die z.B. Erdwärmesonden halten ewig.“ Alles in allem eine „super Sache.“

„Außen Denkmal, innen moderne Wohnlichkeit“

Serie Klimaschützer: Martin Reininghaus im Gespräch

von Anne Kraft

Denkt man an Rehna, denkt man zuerst an das Kloster. Doch auch das Schusterhandwerk prägte die Stadt – daran erinnert heute noch die Statue vor dem Amt. Was ist aus den rund 100 Schusterwerkstätten geworden? Am Mühlenteich, so schmal, dass man es fast übersieht, schmiegt sich ein kleines Fachwerkhäuschen in die historische Häuserzeile ein. Eine schiefe Kate, mit niedrigen Decken, zugigen Fenstern und ohne Komfort? – Nein, denn im Inneren erwartet eine skandinavische Gemütlichkeit und große Fenster eröffnen den Blick ins Grüne.

Herr Reininghaus über Denkmalsanierung

Als Herr Reininghaus und seine Frau das damals halb verfallene Häuschen vor 15 Jahren im Internet entdeckten, war beiden klar, „das ist ja eigentlich ein sehr nettes Häuschen.“ Insgesamt dauerte es vier Jahre bis aus der ehemaligen Schusterwerkstatt ein Wohnzimmer und aus dem Dachstuhl eine zusätzliche Etage entstanden. „Uns war wichtig, dass wir die Sanierung ökologisch einwandfrei und energetisch nachhaltig machen.“ Der Naturschutzaspekt spielt für Reininghaus schon seit der Anti-AKW-Bewegung eine Rolle.

Vorne Fachwerk, hinten skandinavische Gemütlichkeit

Der frühere Theologe und heutige Bauunternehmer setzte in Rehna vieles um, was er zuvor an anderer Stelle bereits erprobt und gelesen hatte. Der historisch verbaute Lehm wurde als Lehmputz recycelt und die Wand zur Straße mit einer darin verlegten 10cm Weichfaserplatte gedämmt. Aufsehen in der Nachbarschaft erregte die Dämmung des Feldsteinfundamentes mit Schaumglas Schotter (SGS), einem recycelten, mit Luft angereicherten Glas. „Das kann man mit dem Schneeschieber verarbeiten.“ Auch die Dämmung zu den Seiten mit eingeblasenen Cellulose-Flocken sorgte für verwunderte Gesichter. Jetzt bleibt es im Winter schön warm. Beheizt wird das Haus über einen Grundofen im Erdgeschoss, gekoppelt mit einer Gastherme und einem Pufferspeicher. „Unser jährlicher Wärmeverbrauch liegt bei 10.200kwh/Jahr, einschließlich Warmwasserversorgung“. 871 m³ Gas sind das im Jahr, „für sanierten denkmalgeschützten Altbau ist das ein guter Wert. Heizen wir im Winter den Ofen öfter, können wir den noch verbessern.“ Aus Platzgründen lagert das Holz in einer angemieteten Scheune. „Durch meine Tätigkeit auf dem Bau habe ich Holz ohne Ende – das reicht fast den ganzen Winter.“ Die kleine Grundstücksfläche von 175m² hat aber auch ihren Vorteil „die Pflege ist überschaubar.“

Eco-Label (c) Trigenius

Die Wohnfläche von 130m² erstreckt sich heute über 3 Etagen. Platz verschenkende Heizkörper gibt es im Wohnzimmer nicht, dafür eine Fußbodenheizung – „die machen wir nur an, wenn im Winter ganz kleine Enkel kommen.“ Moderne LED-Beleuchtung ermöglicht schlanke moderne Lampenformen. Gemeinsam mit dem Austausch der altersschwachen Wasch- und Spülmaschine verbraucht das Paar heute 25% weniger Strom. Bei 60€ Gesamtstromkosten fallen die 10 € zum Betrieb der Pumpen in den der Heizung richtig ins Gewicht. „Es kommen ja auch immer mehr Verbraucher dazu, die die Stromeinsparungen überkompensieren,“ ist sich Herr Reininghaus bewusst. Kommunalpolitisch setzt er sich derzeit dafür ein, dass es seinen grünen Strom bald direkt in Rehna kaufen kann – damit die Wertschöpfung in der Kommune gehalten wird.

Auch beim Thema Mobilität gibt es noch Baustellen. Zwar fahren Herr Reininghaus und seine Frau mittlerweile beide Erdgasfahrzeuge und reduzierten ihren CO2-Ausstoß für Mobilität damit um 50%, jedoch ist das Erdgastankstellennetz in der Region sehr dünn. Die Bahn ist zumindest in Richtung Lübeck dabei keine Alternative zum Auto – Rehna ist seit dem 19. Jahrhundert Endstation.